Slow Blogging – raus aus dem Content Hamsterrad! Oder: Eine Entscheidung im Spannungsfeld von Geschwindigkeit und Qualität

Slow Blogging – raus aus dem Content Hamsterrad! Oder: Eine Entscheidung im Spannungsfeld von Geschwindigkeit und Qualität

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Slow Blogging – was ist das?

Der Begriff des Slow Blogging kursiert bereits seit mindestens 2006 durch das Netz und wurde wohl insbesondere durch den Amerikaner Todd Sieling geprägt. Seitdem, vor allem jedoch in den letzten beiden Jahren, wurde das Thema auch in der deutschen Bloggerszene zunehmend diskutiert, häufig vor dem Hintergrund der Schlagwortes „Blogger Burnout“ oder dem zunehmenden Druck, dem sich viele Blogger im Bezug auf die Inhalteproduktion ausgesetzt sehen. Hierzu beispielweise ein Artikel auf neontrauma.de

Eine andere Sichtweise auf das Thema gibt Benjamin Brückner im Onlinemarketingmagazin Zielbar, er versteht darunter „weniger Blogbeiträge zu veröffentlichen und stattdessen mehr Energie in einzelne Content Highlights zu setzen“. Gerade dieser Ansatz ist auch für Unternehmen im Rahmen ihrer Content Marketing Strategien interessant und verdient eine genauere Betrachtung. Steht ein Unternehmensblog doch meist als zentrale Content Hub im Mittelpunkt unternehmerischer Content Marketing Strategien.

 

Das Problem mit der Content Flut

Content Marketing ist derzeit in aller Munde. In den USA setzen bereits über neunzig Prozent der B2B-Unternehmen auf Content Marketing und auch hierzulande werden zunehmend Kapazitäten für die Erstellung mehr oder weniger relevanter Inhalte bereitgestellt. So entstehen immer mehr Inhalte in immer kürzeren Zyklen. Die Auswirkungen sind vielfältig: immer mehr Content konkurriert sowohl um die Zeit der Leser wie auch um die ersten Positionen der Google-Suche.

Wichtige Content Marketing Referenzen wie Newscred drehen mit der Feststellung eines positiven Zusammenhangs zwischen ROI und kurzen Publishing-Zyklen das Hamsterrad der Content Produktion immer schneller und der Sprung auf den schnell fahrenden Content Zug bietet vor allem für kleine und mittlere Unternehmen durchaus Risiken: die Erstellung, Veröffentlichung und Verbreitung von Inhalten kostet massig Zeit und Geld und häufig droht am Ende der sogenannte Content Shock. Dieser bezeichnet den Zustand bei dem die Kosten für die Erstellung und Verbreitung der Inhalte den zurückgelieferten Wert übersteigen.

Um bei begrenzten Ressourcen die eigenen Kapazitäten und Budgets nicht zu überfordern bedürfen in der Content Produktion meines Erachtens insbesondere zwei Bereiche stärkerer Aufmerksamkeit:

  • Effizientere Content Prozesse: Laut Gleanester Research werden circa 25 Prozent der Kosten für ineffiziente Prozesse in Produktion, Veröffentlichung und Wiederverwendung verschwendet. Durch Content Modularisierung und den Einsatz geeigneter Technologien, zum Beispiel eines professionellen CMS, können Produktionskosten deutlich gesenkt werden.
  • Weniger Content-Produktion bei besserer Qualität und stärkerer Vermarktung. Viele Unternehmen fokussieren sich einseitig auf die schnelle Produktion von Inhalten und vernachlässigen dabei inhaltliche Qualität und/oder gezielte Verbreitung ihrer Inhalte. Die Idee des Slow Blogging liefert hierzu einen möglichen Lösungsansatz.

Vor dem Hintergrund begrenzter Kapazitäten und Budgets leidet im Rahmen kurzer Veröffentlichungszyklen vor allem die Qualität der Inhalte. Viele Unternehmen sind im Rahmen ehrgeiziger Redaktionspläne bemüht, mehrmals wöchentlich Artikel zu veröffentlichen. Externe und interne Autoren müssen Inhalte immer schneller und zu niedrigen Wortpreisen recherchieren, erstellen und redigieren. Die Qualität der Inhalte bleibt dabei häufig auf der Strecke. MIt dem Anspruch des Content Marketing nach relevanten und hochwertigen Inhalten kann sich dies auf Dauer nicht vertragen.

Zwar wird die hohe Bedeutung von „Quality Content“, auch im Zusammenhang mit Suchmaschinenoptimierung, immer wieder erwähnt, doch Realität und Anspruch klaffen unter den genannten Bedingungen häufig auseinander. Hier setzt auch Benjamin Brückner`s Verständnis von Slow Blogging an: warum nicht weniger Inhalte produzieren und dafür in besserer Qualität?

 

Slow Blogging oder noch besser „passendes Blogging“

Bei der Idee des Slow Bloggings sollte es meiner Meinung nach nicht um die Reduktion der Kosten an sich gehen. Setzen Sie hierzu lieber an den erwähnten, technologischen Prozessen und sinnvollem Content-ReUse an.

Slow Blogging oder vielleicht besser „Adequate Blogging“, also das passende Bloggen, sollte meiner Auffassung nach als eine bewusste, strategische Entscheidung im Spannungsfeld von Geschwindigkeit und Qualität verstanden werden.

Nicht die Quantität des Outputs, sondern die Qualität ist die maßgebliche Richtschnur, die die Produktionsgeschwindigkeit und -möglichkeiten bestimmt. Zeit und Budget, das durch wegfallende Artikel gespart wird, sollte in die inhaltliche Qualität der anderen Artikel investiert werden.

Unter anderem heißt dies:

  • Entwickeln Sie ein eigenes Content Profil und setzen Sie inhaltliche Akzente
  • Entwickeln Sie Personas, die Ihre Leser detailliert beschreiben
  • Planen Sie Ihre Themen
  • Versuchen Sie die Fragen, Probleme und Intentionen der Leser zu verstehen
  • Recherchieren Sie gründlich und ausgiebig
  • Beleuchten Sie verschiedene Aspekte eines Themas
  • Lassen Sie hierbei eigene Gedanken einfließen anstatt nur zu zitieren
  • Versuchen Sie neben Fakten auch Antworten und Problemlösungen zu liefern

 

Slow Blogging sollte – auch wenn es von Todd Sieling ursprünglich mit den Worten „Slow Blogging is about only writing when it feels right” beschrieben wurde – nicht in dem Sinne mißverstanden werden, dass die Content Produktion nun keinem Rhythmus oder keiner Planung mehr zu folgen habe. Natürlich erwarten Ihre Leser regelmäßig neue Inhalte, die sie weiterhin verlässlich und anhand eines Redaktionsplans veröffentlichen. Doch dies muss nicht täglich sein! Ohnehin werden Leser zunehmend mit neuen Inhalten überschüttet und was „slow“ ist und was nicht dürfte auch recht schwer zu definieren sein.

Bei der Diskussion um Slow Blogging - zumal in einem unternehmerischen Kontext - geht es meiner Meinung nach eher darum, einen individuellen Rhythmus zu finden, der genug Zeit für Vorbereitung und Produktion von Qualitätsinhalten lässt und den Erwartungen der Leser entgegenkommt.

 

Auf längere Sicht werden diese sich nicht für den Anbieter entscheiden, der sie mit den meisten Inhalten überhäuft, sondern die Inhalte konsumieren, die Ihre Erwartungen am besten erfüllen und ihnen den größten Nutzwert liefern, das heißt zum Beispiel informativer oder unterhaltender sind.

 

Und was ist mit der Suchmaschine?

Wenn Sie die Anzahl der Veröffentlichung zugunsten einer besseren Qualität reduzieren, hat dies zwangsläuftig Auswirkungen auf verschiedene Bereiche Ihres Content Marketings. Eine der häufigsten Befürchtungen betrifft sinkenden Suchmaschinentraffic.

Tendenziell ist es natürlich so, dass mehr Inhalte in der Regel mehr Traffic generieren.

Wie Analysen verschiedener Google Updates jedoch zeigen, gehört sogenannter Thin Content jedoch zu den großen Verlierern. Hollistischer Qualitäts-Content hingegeben gewinnt zunehmend an Bedeutung. Slow Blogging oder besser gesagt „Slower Blogging“ kann also aus SEO-Sicht durchaus sinnvoll sein, wenn dadurch eine bessere Content Qualität gewährleistet werden kann und wenn es sich um längerlebige Themen handelt.  Für das sogenannte Newsjacking, bei dem aktuelle Ereignisse aufgegriffen werden, scheint sich das langsamere Bloggen hingegen weniger zu eignen. Hier ist eine schnelle Reaktion auf aktuelle Themen und dementsprechend ein häufigeres Publizieren gefragt.

 

Fazit

Ob Slow Blogging der Königsweg ist, kann nur vor dem Hintergrund der eigenen Strategie beantwortet werden. Wenn es darum geht, sich als Experte auf einem Gebiet zu postionieren, sind tiefgründige Inhalte nötig. Hier empfiehlt es sich auf jeden Fall seltener zu bloggen, wenn sich damit die Qualtiät der produzierten Beiträge verbessern lässt. Die Bedenken bezüglich Traffic würde ich nicht zu hoch hängen. Möglicherweise fehlt einem der ein oder andere Inhalt für Social Media Posts, doch dafür werden Qualitätsinhalte langfristig besser ranken und zu steigendem Traffic führen.

Dort wo der Mehrwert der Nachricht insbesondere in einem Zeitvorteil - sprich der Aktualität -  liegt, ist Slow Blogging der falsche Weg.


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